Parkinson: Leben in der Partnerschaft
Dr. med. Ivo Schütze, Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie
Parkinson und alternative Medizin (Behandlung)
Dr. Gemma Soddu, Fachärztin für Anästhesie
Nachlese
Handelt es sich bei Parkinson um eine Systemerkrankung? Dieser Frage ging Privat-Dozent Dr. Horst Baas (Schwerpunktpraxis für Bewegungsstörungen in Frankfurt am Main) in seinem Vortrag beim Monatstreffen am 2. November nach.
„Lange Zeit hat man Parkinson als eine reine Bewegungsstörung gesehen und das Therapieprinzip darauf ausgerichtet. Der aktuelle Stand der Forschung nimmt jedoch einen anderen Blick auf die Erkrankung und ihre Entstehung“, eröffnete der Neurologe sein Referat und warf einen Blick zurück auf den englischen Arzt und Apotheker James Parkinson, nach dem die Krankheit benannt ist. „Er beschrieb 1817 als Erster die typischen Symptome in Tremor, Verlangsamung, Ungeschicklichkeit der Hände, gebeugter Haltung und Muskelsteife. Daraus haben sich die klinischen Diagnose-Kriterien eines Parkinson-Syndroms entwickelt.“ Doch die Palette der Beschwerden von Parkinson-Patienten sei wesentlich größer und umfasse auch nicht-motorische Störungen, die den Darmtrakt, das Herz-Kreislauf-System, die Thermoregulation sowie die Blasen – und Sexualfunktion betreffen. „Diese autonomen Störungen hat die Wissenschaft viele Jahre stiefmütterlich behandelt. Heute fragt man zunehmend, wie wichtig sie für die Patienten sind und was sie für deren Lebensqualität bedeuten.“ So habe eine Studie ergeben, dass Darmfunktionsstörungen für 75 Prozent der Befragten relevante Beschwerden sind, Schmerzen dagegen nur für 50 bis 70 Prozent.
Diese Erkenntnisse hätten nun auch Einzug in die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie gehalten. Neben den Kardinalsymptomen von Parkinson werden jetzt auch fakultative Begleitsymptome wie etwa Schlafstörungen, psychische Beeinträchtigungen und kognitive Symptome aufgeführt.
„Die Existenz recht unterschiedlicher Formen des Parkinson-Syndroms weist darauf hin, dass sich dahinter auch unterschiedliche Krankheitsentitäten verbergen.“
Dafür spreche auch, dass man in den 1990ern erstmals Lewy-Körperchen nicht nur im Gehirn von Parkinson-Patienten gefunden habe, sondern auch in den peripheren Nervenzellen des Darmtraktes, im Riechepithel und in Hautzellen. Im Riechepithel seien sie dafür verantwortlich, dass sich das Riechvermögen reduziert, in den Hautzellen führten sie zu einer Störung der Temperaturregelung.
„Es ist möglich, dass erste frühe Zellveränderungen in Regionen außerhalb des Gehirns auftreten und dort der Beginn der Erkrankung lokalisiert ist. Beginnt also Parkinson im Darm, eventuell aufgenommen durch Nahrung? Das sind bislang Theorien, die noch nicht bewiesen sind.“ Allerdings könne man schon von einer Systemerkrankung sprechen, da neuropathologische Veränderungen im ganzen Körper von Betroffenen auffindbar seien.